Sonntag, 19. Dezember 2010

Liebe Erwachsenen-Bravos...




...liebe Erwachsenen-Bravos!

Es würde mich wirklich interessieren, wie ehemalige Journalismus-Studentinnen auf die Idee kommen, bei der „Glamour“ oder „Joy“ zu arbeiten. 90% der Textbeiträge sind nicht wesentlich länger als vier Zeilen und auch die längeren Beiträge scheinen nicht unbedingt journalistisches Gefühl oder investigative Recherchearbeit voraussetzen. Maximal ein gewisses Talent zum Finden von möglichst dämlichen Alliterationen. In der „InTouch“ gibts die besten Alliterationen auf meiner Lieblingsseite, wo es um die "Modesünden der Stars" geht. Sie (die Alliterationen) durchziehen auch sonst das ganze Heft, aber ich zitiere mal nur diese eine Doppelseite, Ausgabe 29/2010:

- Katzen-Kummer
- Mix-Misere
- Schlabber-Schreck
- Kabel-Koller
- Nachtisch-Notlage

uuuund:

- Gammel-Gau.

Mein Alltime-Favourite ist aber noch die klassische "Echsen-Entgleisung".

Klar, der Sinn dieser Blätter (die meistens eher Bibelformat haben) ist es ja nicht über Krieg, Tod, Verderben und solche schönen Dinge zu berichten, sondern sie sollen unterhalten. Aber warum zeigen sie dann so offene Verachtung für ihre weibliche Leserschaft? Erzählen gleichzeitig was von „Selbstverwirklichung“ und „Lebe deine Ideale!“, während ihnen zwei Seiten später gezeigt wird, wie das Idealleben der großstädtischen Bürochefin für Weltrettung auszusehen hat, wie sie sich kleidet, was ihre Einstellungen sind und wie sie dann fröhlich strahlend ihren drei süßen Kindern und dem Mr.Right einen Schweinebraten vorsetzt. So ist das Leben nicht, und so solls auch nicht sein.

Verschiedene Lebensentwürfe? Pff! Solange man brav die Anzeigen konsumiert, ist das doch vollkommen egal. Und konsumieren will auch gelernt sein!
In der aktuellen Glamour finden sich von 222 Seiten 63 Seiten reine Werbung und je nachdem was man mitzählt 250-300 „Produkthinweise“.
Ja, auch diese Zeitung will wirtschaftlich überleben und keiner will mehr als 2,20 (!) dafür zahlen. Also, konsumiert brav, und ihr könnt weiterlesen, was ihr zu konsumieren habt!

Schauen wir uns mal die Themen der „Glamour“ 1/2011 (Seitentitel „Sie können sich auf sich verlassen“- Wie...poetisch) an:

„Glamourama“
Kleinere Beiträge (vier Zeilen maximal, kreuz- und quer, modern und hipp. Sprich: ohne erkennbares, nicht augenkrebsverursachendes Layout) zum Thema „Veränderung unserer Einstellungen im neuen Jahr“. Titel:“Bier ist der neue Schampus“ (Zitat: „Jetzt gibt’s deluxe-Gebrautes, das z.B. nach Himbeere schmeckt und auch preismäsig ganz oben mitspielt“) oder „Weißst das neue Camel“ („Der Zenith des Minimalimus-Trends wird wohl mit der Sommermode erreicht: Plakative Details werden verschwinden. […] Für spannende Coolness sorgen die neuen weiten Silhouetten“).

Desweiteren geht noch darum, wieviele Kinder jetzt in und trendy sind (genau drei), dass Twitter out ist („Sei ein First Dropper!“) und das wir uns ab sofort neongrünen Lidschatten applizieren sollen.

GZW (Diese Abkürzung steht über allen Artikeln, wird aber nirgends erklärt, weder im Inhaltsverzeichnis noch sonst wo)
Nette, kurze Artikel darüber, die man sich „Solosex“ Tipps aus Hollywood-Filme holt, den Kater besiegt oder welche Krimis man lesen sollte. Ganz nett. Auch wenn „Solosex“ ein ganz furchtbares Wort ist.

Stars und Horoskop
„Was soll ich dazu sagen“ würde ich eigentlich sagen, aber der (Zweiseitige) Beitrag über die Comic-Con ließ mich fast hoffen. Aber leider nur fast. Oberflächlicher Dreck. Achja, und man wird per Sternzeichen einem Lieblingsfilm zugeordnet. Komisch, ich habe Eat, Pray, Love aber doch gar nicht gesehen.

Glamour-Mode
Echte Tipps, Styling-Inspiration oder Was auch immer das darstellen soll. Hunde präsentieren Uhren und Schmuck. Ski-Styling. Größtenteils überblättert. Konsum!

Glamour-Hotlist
Eine kurze Werbeunterbrechung! Prinzipiell dasselbe wie im „Glamourama“, nur mit „Produkthinweisen“.

Glamour-Beauty
Schminken, Pflegen, Haare hübsch machen. Überblättert, aber wen es interessiert, schaden dürfte es nicht.

Achja, und Tipps, welche Schönheitseingriffe grade im Trend sind, welche neuen Chemikalien man sich unter die Haut spritzen kann und wo es das alles gibt (Alles in einer gewissen Klinik im Münchner Zentrum. Aha, aha.)

Also total harmlos.

Zwei ...ähem... Reportagen.
Über Dreierbeziehungen und was man am Besten zur Silvesterparty kochen sollte. Hard Stuff also.

Noch ein bisschen Ausblick aufs nächste Mal und fertig.


Was soll uns das nun alles sagen? Hey, harmlose Unterhaltungsmedien, hübsches Aussehen, Selbstverwirklichung, Masturbation, Schminke, kann man doch eigentlich nix dagegen haben.

Doch.

Denn während ihr euer hübsches Köpfchen da rein steckt, und euch überlegt, den Ledermantel von Chantal für 3000 Euro zu kaufen und warum euer Mann nicht groß und stark, aber dennoch sensibel und romantisch ist, könntet ihr eigentlich überlegen, was in der Politik so läuft, Nachrichten schauen, ein Buch lesen, es euch selbst machen, glücklich sein oder irgendetwas anderes sinnvolles tun. Diese Zeitschriften wecken nur Neid. Und machen euch unglücklich.

Ich lese sie aber auch.



Haben wir wieder was gelernt:
  • Man wird ziemlich blöd angeschaut, wenn man im Kaufland an den Zeitungen steht und Werbung zählt
  • Beim Durchschauen der Werbung gelernt - Doctor's Diary fängt wieder an! Yay.
  • Warum lernen wir an der Uni eigentlich Medienrecht und Nachrichtenauswahl?
  • Kaufen werde ich sie trotzdem ständig wieder. Langweilige Sonntag-Abende. Genaugenommen mache ich das Meiste, worüber ich mich aufrege, trotzdem selber.
  • Ich kenne niemanden, der diese Zeitungen offiziell ließt. Trotzdem sind sie alle miteinander (Joy, Glamour, InStyle) in den deutschen Top 100 Auflagenstärkster Zeitungen. Und damit auch die Werbung, die euch eure Köpfchen verdreht.


     Kisses, xx 













2 Kommentare:

  1. Dieser Beitrag ist richtig genial^^ Vor allem deine Zusammenfassungen zum Schluss gefallen mir. Zu deiner Frage warum Journalismus-Studenten sich sowas antun - ich denke, dass es vllt nicht allzu viele Jobs gibt, bei denen man fest angestellt wird und Frei-Berufler (heißt doch so oder?^^) ist nicht für jeden was. Deshalb wohl leiber jeden Monat einen gewissen Betrag erhalten und Müll schreiben, anstatt etwas sinnvolles zu produzieren und nach jemandem zu suchen, der es einem dann auch abnimmt. Ich habe glücklicherweise schon lange aufgehört mir irgendwelche Zeitschriften zu kaufen, klar, aber und zu kaufe ich mir eine, aber nur dann, wenn ich weiss, dass ich etwas unebdingt lesen will und mich nicht nur mit Werbung überschütten lassen will. Btw. Welches Sternzeichen bist du denn und was ist denn mein Lieblingsfilm - bin Löwe xD
    Und ich beantworte dir deine Frage noch, aber ich sehe mich erstmal auf deinem Blog um :)

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  2. Das traurige ist ja, dass ich in den Seminaren immerwieder Weibchen sehe, die UNBEDINGT zur Joy oder zur Glamour wollen um da tolle Fotostrecken zu fabrizieren und nur deshalb studieren oO

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