Dienstag, 18. Juni 2013

Feminismusbashing - It's fun! (und destruktiv)

Anmerkung: Denkt auch hinter jedes "Feminismus" ein tm-Zeichen. DEN Feminismus gibts nicht. Ich fasse jetzt aber der Einfachhalt halber die gängigen Strömungen zusammen.

Es scheint einen gesellschaftlichen Konsens zu geben: Feministinnen sind doof. Und Feministen auch. Und eigentlich grundsätzlich alle, die den Feminismus gut finden - denn die unterdrücken ja die ARMEN MÄNNER und verwirren die Gesellschaft mit ihrer doofen Sprache, wollen unsere Kinder verführen und praktizieren auch schwarze Magie.

Sorry, aber es fällt mir echt schwer, bei manchen Kommentaren ernst zu bleiben und nicht ins Polemische abzudriften.


Mal davon abgesehen, dass ich nicht 100%ig verstehe, was der gute Mensch mit sagen will (Ich soll mich über den Feminismus informieren? Der Feminismus ist doof? Mein Leben ist toll, weil ich eine Vagina mein Eigen nenne? Ich kann nichts, weil ich den Feminismus mag (und eine Vagina besitze)?) - Feminismusbashing scheint sich so weit etabliert zu haben, dass eine Menge Blogs alleine von dieser Art des Humors (gerne gepaart mit SEHR schlechten Versuchen von Ironie und Sarkasmus) leben. Auch in Diskussionen außerhalb der Filterbubble des Netzfeminismus merkt man meist recht schnell: Viele Menschen sind im Bezug auf den Feminismus gedanklich irgendwo zwischen "Die verbieten alles was Spaß macht!" und "Die sind so nervig und überkorrekt, die nerven!" positioniert. 

Ich glaube wirklich sehr fest daran, dass die meisten Menschen, Männer wie Frauen und alles dazwischen oder außerhalb, Gleichberechtigung der Geschlechter (in der Theorie) ziemlich gut finden. Würde man das Kind nicht Feminismus nennen, dann wären die Ideen auch massentauglicher. Nur ist Massentauglichkeit nicht unbedingt das Ziel der meisten Feministinnen, und ganz bestimmt nicht das Ziel der linken Radikaleren in der Strömung. Als ich ganz, ganz am Anfang meiner Zeit als Netzfeministin stand, schreib ich mal einen Beitrag darüber, wie sehr mich dieses "Von-Oben-Herab-Getue" und das Tummeln auf Nebenkriegsschauplätzen wie ungeschickten Äußerungen von prominenten Personen und dem Kampf um Formulierungen nervt, während die Realisierung von Geschlechtergerechtigkeit in der Gesellschaft so vor sich herdümpelt und das Mobilisieren großer Gesellschaftsschichten eigentlich ganz fallen gelassen wurde. Daran hat sich heute nicht viel geändert.

Menschen, die nicht tief in den Gender Studies oder zumindest den Sozialwissenschaften verwurzelt sind, werden im Online-Feminismus durch ausschließende Sprache draußen gehalten, Menschen, die vielleicht grundsätzlich am Feminismus interessiert sind oder die Ideen gut finden, werden mit kleinlichen Debatten und einer Diskussionskultur unter aller Sau vor den Kopf gestoßen. Ein dickes Fell ist für den Netzfeminismus, der sich meist als flauschige Bubble von Verbündeten präsentiert, ist nicht nur angeraten, sondern fast Pflicht.

Problematisch wird dieses Bild, das der Feminismus abliefert, wenn es um die breite Masse geht. Denn nichts ist schädlicher für die Bewegung als die permanente Lächerlichmachung durch Dritte. Themen wie Sexismus, Bodyshaming, Gewalt gegen Frauen sind riesige gesellschaftliche Probleme, die mit Sprachkritteleien um Anredevarianten und Shitstorms über unglückliche Äußerungen in einen Topf geworfen werden. Feminismusbashing macht die Bewegung dann noch unattraktiver, als sie eh schon ist. Und damit wird das auch nichts mit der gesellschaftlichen Umsetzung.

Und jetzt? Naja, ich weiß es nicht. Feminismus ist Feminismus, und nicht Equalismus oder was-auch-immer. Aber mit Randkonflikten kommen wir nicht weiter, und den Weg mit "Dann warten wir mit der gesellschaftlichen Umsetzung von Gleichheit eben auf den lieben Gott oder den Sozialismus" finde ich auch irgendwie doof. Meine "Forderungen", das leidige (und langweilige) Feministinnen-Gebashe einzustellen hat allerdings vermutlich ähnlich viel Erfolg wie das Warten auf eine bessere Welt. 

Nervt euch das Gebashe von Randthemen des Feminismus auch? Fändet ihr die Sache besser, wenn man ein "Equalismus"-Schild drüberpappt? Wie könnte man Geschlechtergerechtigkeit besser durchsetzen, oder reicht es, Formalien wie die Sprache zu ändern und der Rest wird schon irgendwie von alleine?

Anmerkungen 2: Ich bin übrigens nicht gegen geschlechtergerechte Sprache - ich mag das Binnen-I sehr und versuche weitestgehend neutrale Formen zu verwenden. Ich finde Sprachveränderungen nur in Übertreibung angewandt doof. Ebensowenig möchte ich den Feminismus umbenennen - das wäre ja eine genauso sinnvolle Symboltat wie das generische Femininum.






11 Kommentare:

  1. Es ist zumindest mein Eindruck, dass der Feminimus(TM) im Wesentlichen nur noch von Feindbildern zusammen gehalten wird. Ich denke ehrlich gesagt, dass die gemeinsame Ablehnung der Nenner des Feminismus ist und weniger gemeinsame Ziele.

    An und für sich wäre das vielleicht gar nicht mal soschlimm, wenn da nicht, wie du schon sagtest, eine ganz furchtbare Diskussionskultur vorherrschen würde. Da sagt man nicht einfach „Ich find deinen Artikel doof, weil...” sondern „Du bist schlimmer als Hitler; find selbst raus warum”. Da gibts dann bald die ersten Meta-Diskussionen und dann Meta-Meta-Diskussion und am Ende ignoriert man sich gegenseitig demonstrativ.

    Beim letzten feministischen Gruppenblog den ich regelmäßig gelesen hatte ging das erst vor ein paar Wochen so: Neue Autorin; hatte Artikel geschrieben denen ich persönlich jetzt nicht unbedingt zustimmen konnte, aber die zumindest interessant und überdenkenswert waren. Es gab dann schließlich wegen (aus meiner Perspektive, bin da aber auch nicht beschränkt betroffen) Nichtigkeiten riesiges Drama, Vendettas wurden ausgesprochen, Freundschaften zerbrachen und heute ist der Blog so gut wie tot.

    Das ist imho auch nicht unbedingt ein Einzelschicksal, sondern, so zumindest mein Eindruck, herrscht in der Szene ein absolut dysfunktionaler Umgang mit Kritik: Entweder gibt es absolut keine („Wenn du das so meinst, dann ist es per Definition so!”), oder es wird halt alles übertrieben uns ins persönliche gezogen.

    Es ist mir ehrlich gesagt ein Rätsel, wie man unter diesen Vorraussetzungen etwas konstruktives schaffen will.

    Dass sich dann an Details aufgehangen wird, sehe auch so. Ich persönlich bin ja ein Fan, des generischen Maskulinums (bzw. überhaupt eines genus commune), aber wenn es andere so sehr stört, versuche ich halt „gender gerecht” zu schreiben. Nur wird das Thema ja immer weiter ausgehnt: Gender gap; okay, kann ich noch nachvollziehen, wenn jemand weder männlich noch weiblich sein will. Dann die syntaktische Unterscheidung zwischen biologischem und sozialen Geschlecht mittels *, hm, okay. Schließlich — ich bin zur Zeit bei drei — verschiedene Personalpronomen: si:er, sie* oder hän oder sowas.

    Ich finde den Aufwand, der investiert wird, um eine solche Sprache zu verbreiten einfach nicht mehr nach nachvollziehbar. Es muss doch auffallen, dass das auch bei gutem Willen kein gangbares Modell ist, allein weil sich der Kram schon gar nicht mehr aussprechen lässt. Und es überhaupt in keinsterweise (soweit ich weiß) irgendeinen praktischen Nutzen davon gibt. Ich meine, wenn jemand unbedingt gesie*zt werden will, von mir aus, aber davon wird doch keine einzige Frau mehr eingestellt oder weniger belästigt.

    Daneben will ich noch anmerken, dass ich den Feminismus auch für außerordentlich ausschließend halte. Wenn man den Feminismus als Selbsthilfegruppe ansieht — was glaube ich, von vielen getan wird — dann ist das ja legitim, aber es muss doch einem bewusst sein, dass man so keine Gesellschaft verändern kann. Wen interessiert es, salopp gesagt, wenn 1% der Menschen alle einer Meinung sind und sich mit dieser Meinung von der Umwelt abschotten?

    Alleine, wenn der Feminimus sich dagegen verwahrt, dass auch von Männer etwas konstruktives kommen könnte (dass so gehandhabt wird, wird von vielen geleugnet oder ist lächerliche gezogen, aber als Mann kann man sich schon ziemlich viele menschenverachtende Scheiße im Feminimus anhören), schließt man ad hoc 50% der Bevölkerung aus; imho spricht das Hohn gegenüber der Selbstüberzeugung, dass man auch im Interesse von Männern handeln würde.

    Ich weiß nicht, ob es sinnvoll wäre, dem Kind einen neuen Namen zu geben, aber mMn. wäre eine Distanzierung vom gegenwärtigen Feminismus durchaus überdenkenswert. Selbst wenn die desktruktiven Anteile des Feminimus nur eine Minorität darstellen, behindern sie imho sehr deutlich die Entwicklung.


    Wurde mehr als geplant, ich hoffe nicht OT.

    Grüße
    Kinch

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  2. Ach DU warst das, die bei FB geantwortet hat! Ich hatte gar nicht deinen Namen gelesen (bzw. deinen richtigen Namen mit dem Blog in Verbindung gebracht).


    Ich habe auf Klopfers-Web meine Ansicht zu dem Thema geschildert, was, wie üblich, auf gar nicht so viel Hass wie erwartet gestoßen ist - mir wurde teils sogar zugestimmt... erstaunlich nicht?


    Ich finde es selbst schwer, für Themen, die mich selbst angehen einzustehen, einfach weil man sich innerlich sofort auf einen Backslash einstellen muss - und zwar von allen Seiten. Nach einer ewigen Diskussion heute habe ich das Gefühl, selbst nicht zu wissen was ich will - der Wille für den Einsatz ist zwar noch da, wenn man aber redet und redet und immer wieder Missverstanden wird gibt man irgendwann auf.

    Somit bringt der Feminismus (was zum Himmel ist das?) sich selbst um.



    Ich unterschreibe hier einfach mal, was Knilch gesagt hat. Schöner kann ich es auch nicht formulieren.

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  3. Ahh, Kinch mein ich, Kinch! Es tut mir leid!

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  4. Hey Skye, mich würde deine Meinung als Feministin
    zu diesem Artikel interessieren. http://www.zeit.de/2013/24/genderforschung-kulturelle-unterschiede

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  5. Wuhu hab ich den Blog doch wiedergefunden, dem Klopfer sei dank!

    Aber mal so zum Thema - Ich begebe mich mal ganz weit aufs offene Meer hinaus, wenn ich behaupte, mittlerweile habe der Feminismus einen... nun ja... miesen Ruf. Das liegt meines Erachtens aber auch an dem Mmedialen Totgebashe, die durchweg nur das Negative auflisten oder sich darüber amüsieren.
    Für mich persönlich ist tatsächlich der Equalismus, um mal Neusprech zu verwenden, tatsächlich eher ein Seitenthema. Es sollte eigentlich von Grund auf Logisch sein, jeden Menschen gleich zu behandeln, egal, welche primären und sekundären Geschlechtsmerkmale das Gegenüber besitzt.

    Schade, dass die Evolution solche Habits nicht schnell aus dem Genpool entfernt...

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  6. Gelich behandeln, ja, wenn die Voraussetzungen gleich sind. da es aber ein strukturelles machtgefälle gibt, reicht das nicht aus. Das muss erst einmal aufgearbeitet werden. Leider sind die meisten Menschen offenbar noch an dem Punkt, an dem sie zwar z.B. sachlich über "den Feminismus" schreiben/sprechen möchten, aber die schlichte Tatsache, dass es diesen (gemachten) sozialen Untschied und die geschlechterhierarchie gibt, nicht anerkennen wollen. Und auch nicht reflektieren, wie sie das - auch in kleinen Nebenbemerkungen oder Dingen, die bisher als okay galten - reproduzieren.

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  7. Amen, Schwester.
    Vielleicht braucht es einen anderen Namen, wenn man irgendwas mit Geschlechtergerechtigkeit und gesundem Menschenverstand ausdrücken will. Vielleicht braucht es enfach nur Zeit. Aber ich muß dir ganz ehrlich sagen, ich bin diese Debatten so müde... Sowohl derer, die lieber heute als morgen die matriarchalische Diktatur ausrufen würden als auch jener, denen reflexmäßig und unreflektiert 'ne Ader schwillt und die anfangen zu schreien, sowie das Wort "Feminismus" fällt. Extreme können nie gut sein, denke ich. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich mit dieser Einstellung zu altmodisch oder zu progressiv bin.

    Liebe Grüße
    Glan

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  8. Feminismus gitb es nicht (mehr). Es ist irgendwie alles aus dem Ruder gelaufen.
    Heutzutage bedeutet das Männer diskriminieren, nuttig runlaufen und in der Gegend rumvö...!
    Und wenn man sich die Frauen im TV ansieht, die ja Vorbilder sein sollen, weiß man, dass die Frau noch nie so unterdrückt wurde wie jetzt und sie mekrt es noch nicht einmal!!!
    Glückwunsch!

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  9. Was sie meinte, das Feminismus wäre (aber das ist er nicht, bloß einfach das Gegenteil von Maskulismus und aber genauso Unrecht), das ist Equalismus. Gleichbehandlung aller Menschen unabhängig vom Geschlecht, bei gleichzeitigem Respektieren der Unterschiede, ganz gleich, ob die nun Klischeegerecht irgendwelchen gesellschaftlich anerkannten/erlernten Rollenbildern entsprechen oder vielleicht gerade nicht.

    Einen Menschen als Menschen wahrnehmen, ganz so wie diese Person wirklich ist, nicht als eine Kategorie, unvoreingenommen. Leider sind dazu nicht nur die Wenigsten in der Lage, da sie eine solche Möglichkeit nicht nur nicht kennen, sondern gleich für unmöglich erachten --> Engstirnigkeit, Intoleranz, Gewohnheit, Arroganz (letzterem sind sich in Rollenbildern verharrende selten bewusst).
    Somit ist der Equalismus leider doch nichts als Utopie, während Maskulismus vorherrscht und der Feminismus umso mehr herumgiften muss, weil Minderheiten ja irgendwie kompensieren müssen, um sich behaupten zu können.

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  10. Hallo Skye!!

    "Als ich ganz, ganz am Anfang meiner Zeit als Netzfeministin stand, schreib ich mal einen Beitrag darüber, wie sehr mich dieses "Von-Oben-Herab-Getue" und.."

    würde sehr gerne diesen Beitrag lesen. Kannst du mir da vielleicht nen link dazu geben?
    Liebe Grüße Jack

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