Es war ja eine karge Welt, so damals, im Osten. Keine Bananen, keine Freiheit, keine Freude. Klassisches Klischee? Als großer Fan der Empirie muss ich das herausfinden! Natürlich kann ich schlecht in die Vergangenheit zurückreisen und meine Eltern will ich auch tendenziell ungern nach ihrer Sexualität ausfragen (Jetzt kommt mir nicht mit „Das ist das Natürlichste der Welt, du bist daraus entstanden, als Kind der Liebe“ – Ich will es nicht wissen und beharre darauf, dass mich der Storch gebracht hat. Oder eine Taube. Oder Ähnliches). Doch dafür gibt es ja Ratgeber!
Schriftwerke bilden meistens sehr gut den Zeitgeist ab, und so auch „Mann und Frau intim“, dass berühmt-berüchtigte Aufklärungsbuch der DDR. Meine Ausgabe ist von 1982, die 1. Auflage stammt aus dem Jahr 1971. In 10 Kapiteln wird über Anatomisches, Intimes und Abartiges (sic!) gesprochen. In solchen fröhlichen Unterkapiteln „Der Verlauf des sexuellen Aktes“, „Zur Häufigkeit des Sexualaktes“, „Kinder gehören zum Familienglück“, „Ist oraler Geschlechtsverkehr abnorm“ oder „Behandlungsmöglichkeiten von Homosexualität“ wird von Psychologen alles beleuchtet, was mit „ehelicher Hygiene“ zu tun hat.
Auch anhand von Fallbeispielen wird uns nahegebracht, wie man sich zu verhalten hat. In der Einleitung wird schon klar, wohin die Reise geht:
„Keineswegs ist Sexualität das Wichtigste in unserem Leben. Lässt man ihr völlig freien Lauf. Dann überwuchtet sie leicht andere Inhalte unseres Daseins und bringt mehr Nachteile als Freuden“
Danach folgen 4 Fallbeispiele von Menschen, die in ihrer Ehe unglücklich sind, vor allem in sexueller Hinsicht. Im Bett läufts nicht mehr rund, und für uns heute ist der Grund geradezu lächerlich: Mann und Frau reden nicht über ihre Bedürfnisse, Nöte und durch die zurückhaltende Erziehung derzeit wurde gar kein Bedürfnis erkannt. Was man heute mit einem Gespräch aus der Welt schaffen würde (oder was vermutlich gar nicht erst zum Problem werden würde), war zu dieser Zeit eben wesentlich schwieriger.
Der Ton, den „Mann und Frau intim“ anschlägt, ist kühl-wissenschaftlich, und das ist mehr als einmal unglaublich lustig! Das erklärt uns der Autor natürlich auch: Nur wissenschaftlich kann man die leichten Untertöne in der Kommunikation Liebender richtig erklären und erfassen.
Sieht harmlos aus, oder? |
Was man allerdings sagen muss, auch wenn in diesem Ratgeber viel…heutzutage Schwieriges steht (vor allem in Bezug auf Homosexuelle und Selbstbefriedigung), aber Gleichberechtigung ist tatsächlich ein großes Thema, natürlich nicht ohne den real existierenden Sozialismus lobend zu erwähnen:
„Die angebliche Minderwertigkeit der Frau und ihr entsprechend geringes Selbstvertrauen sind ihr künstlich aufgezwungen worden. […] So ist die Berufstätigkeit der Frau in der vollendeten sozialistischen Gesellschaft nicht Ausdruck eines erhöhten Arbeitskräftebedarfs oder nur ein Mittel, höheren materiellen Lebensstandard für die Familie zu erreichen, sondern eine Grundvoraussetzung zur Begegnung gleichberechtigter Menschen in der Partnerliebe.“
Soweit zur ersten Zusammenfassung von „Mann und Frau intim“. In der nächsten Ausgabe geht es dann endlich ums Eingemachte (gebts zu, darauf wartet ihr doch!). Den biologischen Part überspringe ich mal großzügig, nächstes Mal geht es (vermutlich) um Sexualerziehung und – den Geschlechtsverkehr selber. Freut euch!
Yeah, xx
Merkwürdig, ich habe auch die Ausgabe von 1982, doch der Schutzumschlag ist bei meiner Version schwarz und auf der Vorderseite sieht man ein sich küssendes Päarchen. Übrigens ist das auf den beiden Exemplaren des Buches, die sich in unserem Haushalt finden so.
AntwortenLöschenUnter dem Umschlag sehen sie aber exakt so aus wie deines.
Wie ich nach kurzer Suche festgestellt habe, besaß nämlich nicht nur Mutti so ein pikantes Büchlein, sondern mein Vater auch.
Ich freue mich auf die Beiträge.
ICh glaube, dieser Umschlag ist auf mysteriöse Weise verschwunden, weil ich dieses Büchlein als junges Mädchen gerne Mal...angesehen habe.
AntwortenLöschenEndlich!! :D
AntwortenLöschenIch freu mich schon riesigstens auf Part II.
Boah, ich bin schon richtig scharf auf die Fortsetzung!! *__* Vor allem die Häufigkeit des Sexualaktes interessiert mich!
AntwortenLöschenSehr empfehlen kann ich auch das amerikanische Buch 5 Lektionen der Liebe von Dr. Alan Baxxter, welcher sich im Dr. Sommer Stil Leserfragen, auch zu brisanten Themen wie Homesexualität (und deren Vererbung) sowie perverse Spielereien. ;)
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