Okay, ich bin ja ein massivst wohlerzogenes Kind. Außerdem bin ich 21 Jahre alt. Was das miteinander zu tun hat? An und für sich erstmal nichts.
Zugfahren ist toll. Zwei Stunden lang durfte ich viel erfahren, über potenziell tödliche Krankheiten, Operationen und das Alter an sich. Die gute Dame neben mir hatte eine OP an den Beinen hinter sich und berichtete begeistert davon. So weit, so normal. Aber wie es dazu kam ist ziemlich episch.
Die gut 70-Jährige ist beim Spannen am FKK-Strand vom Zaun gefallen.
Okay, darauf wollte ich jetzt eigentlich nicht hinaus, aber die Geschichte konnte unmöglich unerzählt bleiben. Worüber ich eigentlich sprechen wollte, ist die Art, wie sie mit mir geredet hat: Sie hat mich konsequent geduzt. Und das hat mich sehr irritiert. Ich weiß nicht mal genau, warum. Ich war genauso irritiert, wie ich es sonst bei den 13-Jährigen bin, die mich siezen.
Ich immer einen kleinen Stich gefühlt, wenn sie mich mit einem „Du“ angesprochen hat. Und ich dachte: „Ganz schön respektlos“. Ja, die Ansprache hat was mit Respekt zu tun. Ich habe sie natürlich immer gesiezt, und durch ihr Duzen gab es da ein ganz schönes Ungleichgewicht im Respekt. Und das vermutlich, ohne dass sie einen Gedanken daran verschwendet hätte!
Man ist auf einer Augenhöhe, wenn man sich gegenseitig mit „Sie“ anspricht. Und man ist auf einer Augenhöhe, wenn man sich gegenseitig duzt. Alles andere ist komisch und verunsichernd. Ich kann jetzt mit dem „Machtgefälle“ kommen, aber so weit muss man da ja gar nicht gehen.
Und wie will ich nun jetzt angesprochen werden? Und wie wollt ihr angesprochen werdet? Und wer ist noch für eine Lösung wie im Englischen? Das nimmt einem nämlich die Sorge nach einer passenden Ansprache in kniffligen Situationen. Muss ich meinen Dozenten siezen? Soll man Kindern sagen, dass sie mich „Du“ nennen sollen? Und wie ist das mit den Schwiegereltern?
Und von solchen Wortgebilden wie „Komm mal bitte her, Frau Müllermaierschulze“ oder „Gerhard, geben sie mir mal die Bilanzabrechnungen!“ will ich gar nicht erst anfangen. Ernsthaft.
Yeah, xx
Das ist ja eine Geschichte für die BILD Zeitung:
AntwortenLöschen"Fast 80-Jährige beim Spannen am Nacktstrand von Zaun gestürzt - die folgenden Operationen veränderten ihr Leben".
Das Siezen und Duzen verwirrt mich auch. Um nicht unhöflich zu sein sieze ich grundsätzlich alle Erwachsenen bis sie sich für das Duzen aussprechen. Auch wenn ich diese Respektpersonen schon mehrfach gesehen habe (z.B. Eltern von freunden) und das Duzen breits eingeführt wurde, sieze ich anfänglich, da die meisten sich nicht mehr daran erinnern, dass man sich schon einmal für das "Du" entschieden hat.
Ich find die unterscheidung im deutschen grauenhaft und vollkommen irritierend .___.
AntwortenLöschenWenn immer es mir möglich ist, rede ich lieber englisch als deutsch, hauptsächlich aus diesem grund ...
Respektpersonen gehören meiner meinung nach gesiezt, freunde geduzt. Aber alles was dazwischen ist, verwirrt mich zutiefst :( zB Eltern von freunden, mitarbeiter, die man noch nicht so gut kennt, lustige alte damen in der bahn (is jetz net unbedingt ne respektsperson - in diese kategorie fallen für mich vorgesetzte, lehrer, beamte und so).
Hm, und gleichaltrige duze ich eigentlich grundsätzlich auch. Wenn zwei unter, sag ich mal, 25-jährige, sich siezen, sieht das für mich unendlich behämmert aus oO
Ach, und im internet wird auch geduzt^^
Alte anredensformen wie "ihr" für höhergestellte bzw unter adligen oder anrede in der dritten person für ... pöbel ... find ich schön, kommen aber selten mit nüchternem kopp zur anwendung^^
Siezen halte ich für eine veraltete Floskel, die fürnehmlich dazu da ist, Distanz oder Hierarchien zu schaffen. Außerdem führt die deutsche Doppelansprache mehr zur Verwirrung als zu sonstwas, eben weil man bei vielen Personen nicht weiß, ob man denn nun Duzen oder Siezen soll.
AntwortenLöschenDie Amis machen das goldrichtig, da verliert auch das Mr. Sowieso zunehmend an Bedeutung und es gibt fast nur noch You und Vornamen.
Ich hoffe der Trend geht im Deutschen weiter. Gesiezt zu werden finde ich gerade noch okay. Mit Herr angesprochen zu werden geht mir schon zu weit.
Kann mich bislang den anderen Kommentaren anschließen. Bei gleichaltrigen (bin selbst 22) würde ich niemals Siezen, im Büro auf der Arbeit sind die meisten nunmal älter, da müssen die mit dem "Du" anfangen. Sobald mich aber einer mal geduzt hat (was ich im täglichen Zusammenarbeiten auch angenehmer finde) werde ich die Person aber auch duzen. Ich hätte die Oma in der Bahn also zurück geduzt! Abgesehen davon komme ich aus dem Ruhrgebiet und hier ist es auch nicht ungewöhnlich den Dönermann oder den Pizzabäcker zu duzen...
AntwortenLöschenWas garnicht geht ist Sie in Kombination mit dem Vornahmen. Bekomm ich immer ne Gänsehaut wenn ich das in schlecht übersetzen amerikanischen Filmen höre...
Ich studiere Japanologie und im Kernfach sieze ich eigentlich alle Dozenten (obwohl manche nur 5-6 Jahre älter sind als ich und ich sie im normalen Leben duzen würde).
AntwortenLöschenIn meinem Nebenfach Sozial- und Kultruanthropologie hingegen haben gerade die jüngeren Dozenten uns das Du angeboten, wobei ich es da teilweise wieder komisch finde Dozenten mit dem Vornamen anzureden.
Ich glaube ich würde in der Uni rigoros bei dem "Sie" bleiben, solange ich die Person nicht näher kenne.
Bin auch irritiert, wenn mich Jugendliche mit Sie anreden, ich bin doch auch erst 22 q____q
Eine Angewohnheit, die ich habe ist, in diversen Geschäften die Leute mit "Du" anzureden. Dazu zählen vorallem Videotheken, diverse Döner- o.ä.-Läden sowie Tätowierer. Gerade bei Tattooshops finde ich es absolut normal die Leute zu duzen, auch wenn sie viel älter sind, liegt wahrscheinlich daran, dass man eh ne Vertrauensbasis zu der Person aufbauen will bzw muss.
Ansonsten mogele ich mich in solchen Situation darum herum eine direkte Anrede zu nutzen und spreche bspw. im Supermarkt die Leute so an: "Tschuldigung, wo habt denn IHR das klopapier?" (haha das reimt sich).
joa soviel dazu.
mein aktuelles ziel ist bei dozenten die das du angeboten haben auch du zu sagen, obwohl ich es immer noch als seltsam empfinde.
im normalfall spreche ich nur menschen, die mindestens 20 Jahre älter sind als "Sie" an, den Rest duze ich, ausgenommen ältere Familie, Freunde etc.
Als gebürtige Bayrin musste ich bei meinem Besuchen in Schleswig-Holstein mehrfach feststellen das mein erlertnes "Sie" (was ein muss ist, wenn man mit der Generation über sich spricht und sich nur durch ein Gespräch mit dem vorstellen der Vornamen aufhebt) dort als Beleidung erfasst wurde.
AntwortenLöschenIch war auf einer Hochzeit und als ich den Brautvater siezte wurde er doch wahrhaftig ärgerlich und dachte ich wolle mich über ihn lustig machen. (Zitat "So alt bin ich dann doch auch nicht")
Was der eine lernt kann beim anderen also vollkommen nach hinten losgehen.
Aber ich bleibe dennoch beim "Sie", egal ob Leute mich damit ernstnehmen können oder nicht. ich bleib ja auch in Bayern beim "Grüß Gott" wenn ich Läden betrete. Ich finds auch schön beim einkaufen als "Dame" oder "Frau ..." angesprochen zu werden und nicht wie ein Kind mit dem Vornamen angesprochen zu werden.
Und ja ich bin auch erst 21 aber diese Momente haben schon was - zumindest bis ich mir mit 40 wieder wünsche 16 zu sein und mich von meinen Studenten duzen lasse und mit ihnen in Kneipen gehe.
Ich bin absolut für das Sie-/Du-System. Ich mag es gar nicht, wenn mir aus der Hand genommen wird, wie distanziert ich zu anderen Personen sein will. Ich spreche deshalb grundsätzlich alle ab der (per Augenmaß geschätzten) Volljährigkeit mit "Sie" an, wenn ich die Person nicht kenne, nicht kennen muss oder nicht kennen will.
AntwortenLöschenKlar, Kommilitonen duze ich - die MUSS ich kennen. Freunde duze ich natürlich, die WILL ich kennen. ABER ich werde mit 21 Jahren - und das ärgert mich immer wieder - von völlig fremden Menschen (seien es Kassierer, Ärzte, Nach-dem-Weg- oder Nach-einem-Feuerzeug-Frager, Fahrkartenkontrolleure, Typen, die mich blöd anmachen...) einfach so geduzt, als wäre ich ein zehnjäriges Kind. Ich finde, man sollte schon aus Respekt grundsätzlich erst einmal das distanziertere "Sie" bevorzugen; Zu jemandem "Du" zu sagen (oder geduzt zu werden) ist für mich eine Art Vertrauensbeweis, der vor allem beiderseitiges Einverständnis erfordert: Selbst wenn es mir egal ist - vielleicht möchte der andere diese aufgezwungene Nähe nicht. (Wie beispielsweise bei der Mutter meines Freundes, die ich nach fast zwei Jahren immer noch sieze.)
Und @Anonym: Genau das ist einer der Gründe, wieso ich Amerika nicht besonders schätze: Wieso muss man denn mit allen "gut Freund" sein? Vielleicht kann ich den Typen nicht ausstehen, der mich duzt. Vielleicht ist er mir auch einfach egal. Aber das ist genau die bescheuerte "How-are-you?"-"Good!...-(No-matter-what)"-Mentalität, diese aufgezwungene Freundlichkeit, die letztlich nur zu Mißtrauen führt, weil man nie weiß, woran man ist und wie man den anderen einschätzen bzw. ihm begenen soll.
Und @individual.angel: Das muss wohl an der Herkunft liegen, dass man Höflichkeit und Respekt im Alltag noch für notwendig und erstrebenswert hält. ;) Ich komme auch aus Bayern.