Ja, heute wirds theoretisch, deswegen schnell einen strengen Dutt gemacht und die Brille zurechtgerückt, und los gehts.
Dass ich die Privilegientheorie anschneide, werde ich vermutlich noch bereuen. Warum? Es ist ein sehr emotionales Thema, wenn man sich die Diskussionen anschaut. Wenn man gezwungen ist, über seine eigenen Privilegien nachzudenken, kann das schmerzhaft und erkenntnisreich sein.
Eigentlich ist die Erkenntnis ja keine Große: Wir hier in Deutschland sind priviligiert gegenüber Menschen in Afrika, Weiße sind in unserer Gesellschaft priviligiert gegenüber People of Colour (Selbstbezeichnung, hat sich bei mir so eingebürgert, und ich finde den Begriff gut.), und ja: So, wie es momentan aussieht, sind Männern zu großem Teil Frauen gegenüber priviligiert.
Das heißt jetzt natürlich nicht, dass alle (weißen) Männer in Deutschland in einer fröhlichen pinken Zuckerwattewolke rumschweben und nie Probleme haben. Männer können genau so in furchtbare Situationen kommen wie Frauen und werden in bestimmten Gebieten auch benachteiligt, z.B. Unterhaltsrecht oder Familienzeit. Ebenso unterliegen auch Männer einem gewissen Zwang, was das Verhalten angeht, und werden sozial bestraft, wenn sie aus der männlichen Rolle fallen.
Worum es bei der Privilegientheorie geht, ist das Problem der Diskriminierung. Und nein, Gruppen, die mehr "Macht" oder mehr Privilegien in einer Gesellschaft haben, können nicht strukturell diskriminiert werden. Punkt. Sie können bestimmte Nachteile haben, aber en gros liegt eben keine Diskriminierung vor. Und da kommen Feminismus und Privilegientheorie zusammen.
Der Feminismus (oder, besser ausgedrückt, mein Feminismus) geht davon aus, dass Frauen in Deutschland strukturell benachteiligt sind. Wir unterliegen einer viel stärkeren Kontrolle unseres Aussehens. Das heißt nicht, dass das bei Männern nicht auch so ist. Männer unterliegen z.B. einer viel stärkeren Beschränkung, was Kleidung angeht. Allerdings wird bei Frauen viel stärker auf ihr Äußeres geachtet, und es wird viel schneller Rückschlüsse auf den Charakter geschlossen. Ebenso wird uns Frauen einfach global unterstellt, dass wir nur Shoppen, Schuhe und Diäten halbwegs spannend finden.
Und wer bestreitet, dass dem so ist, dem empfehle ich, als Frau Informatik zu studieren. Das sitzt du in einem Raum mit 80 Männern und wirst als Putzfrau angesehen. Weil Frauen "sich doch für so was schweres nicht interessieren". Ebenso wird bei einem Fehler nicht gleich aufs ganze Geschlecht geschlossen - "Frauen und Technik" eben.
Niemand sagt, dass die gemeine Feministin vorhat, Männer vom Gender-Siegertreppchen zu schubsen, und sich selber an die Spitze zu stellen. Wir wollen das Siegertreppchen anrempeln und anzünden, damit sich alle Menschen auf Augenhöhe begegnen können.
Und dazu ist es wichtig, dass man sich seiner Privilegien bewusst wird. Und auch, dass man sich seines eigenen, unbewussten Sexismus bewusst wird und sich selbst beobachtet. Und das hat nix mit "Tittenbonus" oder "Penenbonus" zu tun, sondern, dass man von der beliebten Auffassung abkommt, Frauen und Männer haben eben gewisse bestimmte Macken. Alle. Immer.
Yeah, xx